Es gibt verschiedene Arten von Knieproblemen beim Pferd. Ein typisches Krankheitsbild in meiner täglichen Arbeit ist die Patellaluxation. Umgangssprachlich ist diese auch als „hakende Kniescheibe“ oder „lockere Kniebänder“ bekannt.
Patellaluxation: Der Hintergrund
Normalerweise bewegt sich die Kniescheibe (Patella) während der Bewegung des Pferdes in einer Führungsrinne des Oberschenkelknochens nach oben und nach unten. Bei der Patellaluxation jedoch rutscht die Kniescheibe zumeist seitlich nach außen (lateral) oder nach oben (proximal) aus dieser Führungsrinne heraus. Wenn die Kniescheibe nach oben herausgesprungen ist, hat dies zur Folge, dass das Pferd sein gesamtes Bein nicht mehr beugen kann. Stattdessen bleibt es in der Streckung fixiert. Bei einer seitlichen Verlagerung der Kniescheibe beugt das Pferd sowohl Knie- als auch Sprunggelenk stark an.
Die Patellaluxation tritt entweder habituell (immer wiederkehrend) oder stationär (permanent/bleibend) auf. Bei der habituellen Form springt die Kniescheibe von selbst wieder zurück in die Führungsrinne; das Pferd kann nun sein Bein wieder anbeugen und vorführen. Oftmals wiederholt sich dieser Vorgang über mehrere Schritte, ehe sich das Pferd „eingelaufen“ hat. Bei der stationären Verlagerung nach oben bleibt das Bein in der Streckung, sodass das Pferd seinen Huf in einem Bogen nach vorne über den Boden schleift. Dies zeigt sich auch optisch am Huf durch eine stärker abgenutzte Zehe. Bei einer permanenten Verlagerung nach außen bleibt das Bein dagegen dauerhaft angebeugt. Es ist dem Pferd dann nicht mehr möglich, das Bein selbstständig zu strecken.
Ursachen für Patellaluxation
Die häufigste Ursache für eine Patellaluxation ist eine entsprechende genetische Veranlagung. So ist bei Shetlandponys häufig die Führungsrinne zu gering ausgeprägt, sodass die Kniescheibe schnell herausrutscht. Auch Traumata, wie zum Beispiel Stürze, können zu Patellaluxationen führen. Weitere Risikofaktoren sind Fehlstellungen sowie eine schwache Muskulatur in der Hinterhand.
Wenn die Kniescheibe hakt, ist Handeln gefragt!
Wenn die Kniescheibe rausspringt und nicht wieder von selbst zurückspringt, sollte der Mensch schnellstmöglich nachhelfen. Für das Fluchttier Pferd ist es eine äußerst unangenehme Situation, wenn es in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist. Bei der habituellen Patellaluxation genügt es meist, das Pferd einige Schritte rückwärts zu richten oder es notfalls zu erschrecken, sodass sich die Kniescheibe repositioniert. Ein operativer Eingriff ist dagegen des Öfteren bei der stationären Variante nötig. Doch egal, welche Form vorliegt: Bei Knieproblemen ist eine passende Behandlung des Problems unabdingbar! Denn durch das „Rein- und Rausspringen“ der Patella wird die Knorpelschicht zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe übermäßig abgenutzt und verursacht dadurch unbehandelt langfristig einen Knorpelschaden, der zu Arthrose im Kniegelenk führen wird. Außerdem kann die Patellaluxation für das Pferd äußerst schmerzhaft sein.
Behandlungmöglichkeiten von Patellaluxation
Was kann ich also tun, wenn bei meinem Pferd die Kniescheibe hakt? Das Wichtigste bei dieser Diagnose: Die Hinterhandmuskulatur trainieren! Insbesondere den Quadriceps (M. quadriceps femoris), welcher die Kniescheibe einbettet. Ideal geeignet sind dafür beispielsweise viele Übergänge, Stangenarbeit und Bergaufreiten. Durch die Muskulatur wird die Kniescheibe in ihrer Position gestützt, sodass einem Hinausgleiten aus der Führungsrinne entgegengewirkt wird. Ich gebe euch gerne vor Ort entsprechende Trainingstipps mit an die Hand.
Regelmäßige Osteopathiebehandlungen sind generell sinnvoll, um die Muskulatur locker zu halten und Blockaden zu lösen. Insbesondere im Rücken neigt die Muskulatur bei Knieproblemen zu Verspannungen. Aufgrund der Schonhaltung tendieren Pferde mit diesem Krankheitsbild darüber hinaus zum Beckenschiefstand und zu Problematiken im ISG (Kreuzdarmbeingelenk). Um einer Fehlbelastung und -haltung vorzubeugen, sollte dies ein Osteopath regelmäßig im Blick behalten und richten. Bei schwerwiegenden Problemen kann der Tierarzt das innere Knieband anspritzen und somit eine „künstliche Entzündung“ provozieren. Dadurch verkürzt sich das innere Kniescheibenband und hält die Kniescheibe so in Position. In schwerwiegenden Fällen kann es auch sinnvoll sein, das innere Kniescheibenband zu durchtrennen, um ein Festhaken der Kniescheibe zu verhindern. Außerdem sind Zusatzfuttermittel zur Unterstützung des Gelenkknorpels sinnvoll. Elementar ist darüber hinaus eine korrekte Hufbearbeitung, um dem Pferd das Abrollen zu erleichtern.
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